Denkmaltopographie Potsdam-Mittelmark, Bd. 14.1, 2009, S. 507 f.

Der Kirchenbau steht auf dem nicht mehr belegten Kirchhof innerhalb der
südlichen Gehöftreihe des Dorfes, gegenüber den Wohnhäusern jedoch
deutlich zurückgesetzt.
Schmergow war über Jahrhunderte Mutterkirche (1305 »Nicolaus plebanus«
genannt). Es hatte eine Tochterkirche im später wüst gefallenen Trebegotz;
vor 1600 bis 1832 war es unicum, d.h. eine eigenständige Pfarre ohne
Tochterkirchen. 1832 wurde Phöben als Filia unterstellt. Seit 2004 ist die
Pfarrstelle nicht mehr besetzt; Schmergow wird heute von Groß Kreutz
betreut. Im Mittelalter gehörte es zur Sedes Brandenburg (1459), kam vor
1573 zur Inspektion, 1806 zur Superintendentur Brandenburg-Neustadt und
1924 zur Superintendentur Lehnin. Schmergow war mit einer Pfarrhufe
ausgestattet (1375, 1541). Dazu kamen Wiesenland, freie Fischerei und ein
»Heiliger Mann« (1541). Das Patronatsrecht hatte bis 1542 das
Zisterzienserkloster Lehnin, seither der Kurfürst bzw. Fiskus. Da sich der
Lehniner Abt 1540 weigerte, einen evangelischen Pfarrer einzusetzen,
wählten die Visitatoren Peter Hesse aus Wittenberg, dessen Grabstein 1713
noch vorhanden war. Ihm folgte 1571-1606 sein Sohn Matthias Hesse.
Die Schmergower Kirche setzt sich aus dem vom mittelalterlichen
Vorgängerbau übernommenen Westturm und dem großzügigen
Schiffsneubau des 18. Jh. zusammen. Die Jahreszahlen 1677 und 1986 auf
der Wetterfahne weisen auf Turmreparaturen hin. Aufgrund der Art des
Mauerwerks ist eine Entstehungszeit des Turms im 15. Jh. anzunehmen. Er
stützt sich auf die wohl ins 13. Jh. zurückgehende Westmauer des
ursprünglichen schmalen Kirchenbaues. 1713 genannte Schränke – »in die
Mauer ausgehauen und mit Brettern und starken Eisen wohlverwahrt, darin
die Katholischen ihre Heiligtümer verwahrt« (Kieser 1941 nach Beckmann-
Umfrage, S. 63f.), u.a. wohl die mittelalterliche Sakramentsnische – sprechen
gegen eine Zerstörung der Kirche beim großen Dorfbrand 1706.
Wahrscheinlich war davon nur das Pfarrhaus betroffen. Unter dem 1733-73
amtierenden Pfarrer J. W. Meß erfolgte 1744 der komplette Neubau eines
größeren Schiffs (keine Bauakten vorhanden, Jahr genannt in Schreiben des
Predigers Mylius an die Regierung 1868). 1794 kam es zur Reparatur von
Turm und Schiff. Bei der Kircheninstandsetzung 1824-25 durch
Maurermeister Hauck und Zimmermeiser Schulze aus Lehnin wurden die
Dächer teilweise umgedeckt, verschiedene kleinere Ausbesserungen
vorgenommen und im Inneren Anstriche erneuert; auf Reparaturarbeiten
1856 gingen u.a. neuer Verputz und neue Fensterrahmen zurück. Eine
umfassende Renovierung, geplant durch Bauinspektor Schneider, ausgeführt
durch Maurermeister Stechow, erfolgte 1863-64. Sie war verbunden mit
Reparaturen an Dach und Gesimsen, Abputz und Abfärben, Neuverglasung
der nördlichen Fenster, Ausbesserung der Fugen des Turmmauerwerks und
Neuanstrich des Inneren. Langjährige Renovierungsarbeiten begannen 1954
unter Pfarrer Karl Dehnert. Dabei wurden die Ausmalung des späten 19. Jh.
entfernt, die durch einen Rundbogen gestaltete desolate Altarwand durch
eine neue Wand verdeckt, der Altarbereich umgestaltet (um zwei Stufen
erhöht, großes Kreuz aufgestellt) und unter der Empore eine Winterkirche
eingebaut. Zwischen 1967 und 1970 kam es zur Erneuerung von Außenputz
und Westportal. Bei der ohne Beteiligung der Denkmalbehörden 1991
durchgeführten Modernisierung des Inneren wurden der Putz erneuert, das
Gestühl des 18. Jh. beseitigt, neue Fußbodenfliesen verlegt und Stühle
aufgestellt. 1995 erfolgte der Neuanstrich des Äußeren.
Der querrechteckige, gegenüber dem Schiff eingezogene Westturm der
mittelalterlichen Kirche (ca. 6,3 x 7,6 m) besteht aus Feldsteinmauerwerk.
Nur für die Laibungen der Öffnungen fand Backstein Verwendung, schmalen
Fenstern auf Nord- und Südseite (die unteren rechteckig, die oberen mit
abgetrepptem Abschluss) sowie den zwei bzw. drei flachbogigen
Schallöffnungen im obersten Turmgeschoss. Bei der Versetzung der meist
relativ kleinen Feldsteine wurde teilweise auf das Erreichen waagerechter
Lagen geachtet. Durch die Benutzung etwas größerer Steine erfahren die
Ecken eine gewisse Betonung. Ein neuzeitliches Flachbogenportal mit
modernem Türblatt (1967) führt in die wahrscheinlich beim Bau des barocken
Kirchenschiffs unterteilte, jetzt modern ausgebaute Turmhalle. Die
eingezogene Zwischendecke besitzt noch ihren alten Dielenfußboden. Eine
Putzfläche im Mauerwerk deutet an, dass sich über dem Westportal
ursprünglich eine größere Öffnung als das jetzige kleine Rundbogenfenster
befand. Ein steiler Pyramidenhelm mit Schieferdeckung (ersetzte 1877
Ziegeldeckung) schließt den Turm ab. In dessen Inneren haben sich nicht nur
alte Deckenbalken, sondern auch die verblattete, wohl noch mittelalterliche
Dachkonstruktion erhalten. Die konisch zulaufende, zierliche
Binnenkonstruktion besteht aus Stielen, die mit Kreuzstreben sowie
durchgezapften Riegeln verbunden sind. Nicht mehr vorhanden sind die in
der Bekmannschen Umfrage 1713 beschriebenen Turmeinbauten, ein
größeres und ein kleineres Gewölbe »von großen Mauersteinen wohl
gebaut« (Kieser 1941, S. 63), die vom damaligen Pfarrer als Andachtsräume
der Geistlichen gedeutet wurden (»darin die Patres und Fratres ihre Horam
hielten oder sonst ihre Andacht«).
Das barocke Schiff ist ein geräumiger, 28,1 x 11 m großer Ziegelbau mit
schlichter Putzgliederung. Es wird durch ein Satteldach mit Vollwalm auf der
Ostseite und ansprechender Biberschwanzdeckung abgeschlossen. Auf den
Längsseiten befinden sich vier große Flachbogenfenster mit Putzfaschen, in
der dritten Achse von Westen auf der zum Dorf gewandten Nordseite der
Haupteingang, davor eine kleine Ziegelvorhalle mit Pultdach. Die
Gebäudeecken werden durch Lisenen betont, die mit dem niedrigen Sockel
verkröpft sind. Ein stabförmiges, etwas unterhalb des profilierten
Traufgesimses umlaufendes, die Lisenen überschneidendes Gesims markiert
eine Gebälkzone. – Das nüchterne Innere besitzt eine ungegliederte flache
Putzdecke, einen modern gestalteten Altarbereich sowie neue
Fußbodenfliesen und Bestuhlung. Unter der bewahrten Empore wurde eine
Winterkirche eingerichtet. – Beeindruckend ist das verzapfte barocke
Dachwerk mit geringen Sparrenabständen, liegendem Stuhl, Hängewerk und
Windverband aus schrägen Streben; die Stuhlkonstruktion mit
Dreiecksrähmen, mit Abstand unter den Kehlbalken versetzten Spannriegeln
und Kopfbändern in Querrichtung; das mittlere Hängewerk mit Firstsäulen,
die oben und in der Mitte durch Abarbeitung im Querschnitt reduziert sind.
Sie werden durch schräge, von den Kehlbalken ausgehende Streben (in
Verlängerung der Stuhlsäulen) abgestützt. Mit Hilfe von Aufschieblingen
schwingt die Dachhaut unten leicht aus. Im Ostteil blieben Reste der
Anbringungsvorrichtung eines Taufengels erhalten (Rolle an einer
Hängesäule).
Die einfache Ausmalung von 1890-91 (Wandfugennetz, Deckenfelder,
Bibelsprüche, stilisierte Ornamente) 1954 beseitigt.
Ausstattung
Altar. Die hölzerne Altarwand von 1744, die eine Sakristei im Osten des
Schiffs abtrennte, schon im 19. Jh. durch einfache Rundbogennische ersetzt.
1954 Altarbereich neugestaltet; belegt mit Ziegelboden und um zwei Stufen
erhöht, hinter dem Altar in flachem Rücksprung in Mitte der Ostwand großes
schlichtes Holzkreuz aufgestellt, seitlich geschmiedete Standleuchter. Vom
früheren Altar soll barockes Abendmahlsgemälde mit rundbogigem
Abschluss stammen (Öl auf Leinwand, 17./18. Jh.).
Taufstein. Zweite Hälfte 19. Jh. Achtseitig mit neugotischem Dekor.
Ursprünglich direkt vor dem Altar, jetzt seitlich aufgestellt.
Kanzel. Wohl 18. Jh. Holz. Oktogonal; Brüstung mit Rundbogenfeldern und
kannelierten Ecklisenen. Im Nordosten des Schiffs.
Orgel. 1856 durch Carl Ludwig Gesell & Carl Schultze aus Potsdam
geschaffen. Ersetzte ein 1826 durch Heise repariertes Instrument von
1797/98. 6 Register, 1 Manual und Pedal; mechanische Schleiflade.
Fünfteiliger spätklassizistischer Prospekt, die Abschnitte in Breite und Höhe
gestaffelt. Geschnitztes vegetabiles Schleierwerk; oberer Abschluss durch
Palmettenaufsätze.
Westempore. Um 1744; Veränderungen im Zusammenhang mit Aufstellung
der neuen Orgel 1856 durch Zimmermeister Seyring aus Ketzin.
Hufeisenförmig. Die weiträumige Empore ruht auf schlanken Toskanischen
Holzsäulen; die geschlossenen Brüstungen mit Lisenen, profiliertem
Abschlussgesims und Rechteckfeldern.
Große Bronzeglocke. Spätes 13. Jh. (auf Meldebogen 1940 um 1280 datiert).
88 cm Durchmesser. Mit rund geschlossener, unten eingeschnürter Haube
und konvex gerundetem Hals; Inschrift am Hals (nicht lesbar).
Mittlere Bronzeglocke. Um 1450 (so auf Meldebogen 1940 datiert). 83 cm
Durchmesser. Mit Inschrift am Hals und tauförmig gestalteten Henkeln.
Kleine Bronzeglocke. Spätmittelalterlich. 63 cm Durchmesser. Inschrift am
Hals. 1713 wird geschildert, dass diese Glocke zur Schule ruft und anzeigt,
wenn der Schulze königliche Verordnungen und Erlasse zu verkünden hatte,
Gerichtstag im Dorf gehalten wurde, wenn Treibjagden begannen oder
Vorspann zu leisten war.
Turmuhrwerk. »Thurm-Uhren-Fabrik Berlin Gebrüder Meister« (i).
Der vergleichsweise weiträumige barocke Saalbau weist auf die Größe und
damalige Prosperität des Bauerndorfs Schmergow. Bemerkenswert sind die
besonders aufwendige Dachkonstruktion des 18. Jh. sowie der in den
Kirchenneubau einbezogene mittelalterliche Turm, das bei weitem älteste
Bauwerk des Ortes. Hier blieb auch die altertümliche Dachkonstruktion
erhalten, eines der ganz wenigen in der Zauche bewahrten frühen
Turmdachwerke. Besonderen Rang kann schließlich das aus drei
mittelalterlichen Bronzeglocken bestehende Geläut beanspruchen.
Quellen: A. Cante 2005, S. 182-188; Themel/Ribbe 1986 (Kirchenbücher), S.
383f. BLDAM, Objektakte Nr. 2.00-14/512; Dorfkirchenerfassung (! Abb.
Grundriss); Fotosammlung, historische Aufnahmen (u.a. 1951). BLHA, Pr. Br.
Rep. 2 A, Regierung Potsdam, Abt. II, Kirchen- und Schulwesen, Kreis
Zauch-Belzig, Nr. 2375 (Bau und Unterhaltung der Kirche [in Schmergow],
Bd. 1, 1793-1881, mit Grundriss-Skizze 1866) und Nr. 2377 (Anschaffung
und Unterhaltung der Orgel 1824-1884, mit Zeichnung). DStA, Depositum
Ephoralarchiv Brandenburg Neustadt, BEN 148/102 (Glocken und Geläute
1841-1922 [eigentlich bis 1925]); Depositum Ephoralarchiv Lehnin, L-E
514/412 (Glocken 1926-1955).
Literatur: Wolff 1920, S. 36 und 94; Kieser 1941, S. 63f. (mit Bericht des
Pfarrers von 1713); Klünder 1951, S. 57 und 67; Eckardt 1968/69
(Erfassungskartei im BLDAM); Rohrlach 1977 (Ortslexikon), S. 396f.;
Kurztopographie 1978, S. 279; Mehlhardt, Dieter, Schmergow (= Märkische
Dorfkirchen, Nr. 123), in: Potsdamer Kirche vom 31.10.1982; Lohmann 1993
(Orgelerfassung); Vinken 2000 (Dehio), S. 970; Wegweiser in den
Pfarrsprengel Groß Kreutz 2004, o. S.