Denkmaltopographie Potsdam-Mittelmark, Bd. 14.1, 2009, S. 416 ff.

Die Kirche steht auf dem nordwestlich der Ortslage gelegenen, im
Zusammenhang mit der Gestaltung des Gutsparks gartenkünstlerisch
aufgewerteten Grellberg in Verlängerung der Zelterstraße (früher Dorfstraße),
sie bezieht sich axial auf das Herrenhaus am östlichen Ende der Straße. Von
1541 bis 1690 war Petzow Tochterkirche von Glindow, dann bis 1868 von
Werder, danach wieder von Glindow; eingekircht waren schon immer die
Ortsteile Grelle und Löcknitz. Petzow war mit einer Pfarrhufe ausgestattet.
Das Patronat hatten zunächst die Besitzer von Petzow, um 1437 ging es
wahrscheinlich an das Kloster Lehnin über, 1542 kam es in landesherrliche
Hand. Seit 1951 gehört Petzow wieder zu Werder.
Errichtet wurde die Kirche 1841/42 auf der Grundlage einer 1838 durch Karl
Friedrich Schinkel angefertigten Zeichnung; der Neubau ersetzte die wohl
nach dem Dreißigjährigen Krieg errichtete Fachwerkkirche, die inmitten des
Kirchhofs am südöstlichen Ende der Dorfstraße schräg gegenüber vom
Schulzenhof stand.
Pläne zu einem Neubau der Kirche bestanden bereits spätestens seit 1830.
Erste Entwürfe gehen auf Bauinspektor Hecker zurück, der 1833 zwei
alternative Zeichnungen vorlegte (eine zeigt eine Kirche mit quadratischem
Turm, die andere eine mit einer Zweiturm-Fassade). 1838 reichte Schinkel
(als Vertreter der Oberbaudeputation) eine Zeichnung bei der Regierung ein,
die eine Kirche mit einem vom Schiff durch eine Vorhalle getrennten Turm
vorsah (auf der Grundlage einer 1827 in seine Sammlung architektonischer
Entwürfe aufgenommenen Zeichnung). Mit der Ausarbeitung bzw.
Überarbeitung des Entwurfes wurde Regierungs- und Baurat Carl Wilhelm
Redtel beauftragt. Redtel strich aus Kostengründen die das Schiff mit dem
Turm verbindende Bogenhalle und die Apsis, was bei der Oberbaudeputation
jedoch auf entschiedenen Widerspruch stieß, weil damit die prägenden
Merkmale der Schinkelschen Konzeption entfielen und der Bau in seiner
Wirkung völlig verändert war. Insbesondere auf der Isolierung des Turmes,
von deren »ästhetisch vorteilhafte(r) Wirkung« man überzeugt war, beharrte
die Oberbaudeputation – unter Verweis auf ihre Aufgabe, durch das
Aufstellen guter Musterbauten auf die »allgemeine Bildung eines guten
Geschmacks hinzuwirken« (Schreiben der Oberbaudeputation vom
28.11.1838). Dem Einfluss des Kronprinzen Friedrich Wilhelm (IV.), der sich
das Kirchenprojekt am 13. September 1839 von Schinkel persönlich
vorstellen ließ, ist es leztlich zu verdanken, dass die ursprüngliche
Schinkelsche Planung mit freistehendem Turm, Bogenhalle und Apsis
realisiert werden konnte; eine 9.10.1839 datierte Bauzeichnung zeigt die
Kirche wie sie später gebaut wurde. Auf den Wunsch des Kronprinzen gehen
außerdem das flachgeneigte Dach, die drei nebeneinander stehenden
Rundbogenfenster des Turmes nach »altitalienischer Art« sowie die
Standortwahl auf dem Grellberg zurück (ursprünglich war geplant, die Kirche
auf einer Anhöhe im Kaehneschen Park zu errichten, was aber offenbar am
ungeeigneten Baugrund scheiterte). Die Ausführung verzögerte sich
nochmals, da sich das Projekt nun im Vergleich zum Redtelschen Entwurf
verteuert hatte; die angefallenen Mehrkosten wurden schließlich durch
Friedrich Wilhelm IV. (mittlerweile König) im Juni 1840 per Kabinettsbefehl
bewilligt. Die Bauausführung begann 1841 unter der Aufsicht Redtels und der
örtlichen Bauleitung des Baukondukteurs Emil Prüfer. Der damalige
Petzower Gutsherr Karl-Friedrich-August Kaehne beteiligte sich an dem Bau,
indem er Ziegel aus seinen Petzower Ziegeleien zu einem günstigen Preis
lieferte. Die Einweihung, bei der Friedrich Wilhelm IV. persönlich anwesend
war, fand am 30. Oktober 1842 statt.
Nach Fertigstellung des Neubaus wurde die alte Kirche 1842 abgebrochen,
der Kirchhof stillgelegt und sein Areal in den Gutspark integriert. Ein neuer
Friedhof entstand zunächst am Schmiedeberg; nachdem dieser bereits 1856
vollständig belegt war, wurde ab den 1880er Jahren ein neuer Friedhof an
der Fercher Straße angelegt. Am Standort der alten Kirche stellte man 1857
ein Sandstein-Kreuz auf (nach 1945 entfernt).
Im Zweiten Weltkrieg wurde die Kirche beschädigt (die von Gottlieb Heise
1842 erbaute Orgel und eine der beiden 1878 gegossenen Glocken zerstört).
In den 1950er Jahren erhielt sie zwar neue Fenster und eine Noteindeckung,
verfiel dann aber zusehends (damals verschwand wohl auch der Anfang der
1950er Jahre noch vorhandene Altartisch). In den 1960er Jahren war sie
mehrmals Opfer von Vandalismus – offenbar in einem Ausmaß, dass das
Kirchliche Bauamt sogar ihren Abriss erwog, um die ständigen hohen
Instandsetzungskosten zu vermeiden. Nach einer Beschädigung durch
Blitzschlag Ende der 1970 wurden die Gottesdienste eingestellt. 1984 –
nachdem man starken Schwammbefall festgestellt hatte, der vor allem die
Kirchendecke, aber auch Teile der Ausstattung betraf – setzte eine
Sanierung ein, die sich bis 1994 hinzog. Noch in DDR-Zeit (1985) wurde der
Turm saniert (seither als Aussichtsplattform genutzt), die bis dahin noch
erhaltene Farbfassung der Südwand entfernt (1988) sowie das Gestühl
ausgebaut, seitlich verkürzt und eingelagert (1988). 1991 fand eine
Reparatur des Dachwerks statt. 1992-94 erfolgten Ausbesserungsarbeiten an
Fassade und Turm, die Sanierung der Holzdecke, des Glockenstuhls und der
Empore, die Restaurierung der Ausmalung, der Wiedereinbau des Gestühls
und der Einbau einer Wandstrahlheizung auf der Seite, an der die
Farbfassung bereits verloren war. Am 30.10.1994 fand die Wiedereröffnung
statt, seither wird die Kirche für kulturelle Zwecke genutzt.
Saalbau aus gelblichen Petzower Ziegeln in schlichten, neuromanisch-
italienischen Formen. Auf der Westseite frei stehender quadratischer Turm,
der durch eine offene Bogenhalle mit dem von einem flach geneigten
Satteldach abgeschlossenen Schiff verbunden ist; die halbkreisförmige Apsis
der Zelterstraße zugewandt. Die Seitenwände jeweils durch drei
Rundbogenfenster gegliedert, die durch ein rot abgesetztes Sohlbank- und
ein Kämpfergesims aus Rathenower Ziegeln miteinander verbunden sind;
auch die zweifach zurückspringenden Fenstergewände, die Fensterstürze,
der Sockelabschluss (Formziegel) und das Traufgesims (mit Zahnschnitt)
durch rote Ziegel betont. Über den rundbogigen Öffnungen der Bogenhalle
jeweils drei schlitzartige Maueröffnungen; Eingang zum Kirchenschiff durch
eiserne Tür. Auf dem viergeschossigen, von einem achtseitigen gemauerten
Spitzhelm abgeschlossenen Turm Aussichtsplattform mit Brüstung aus
Formsteinen, an den Ecken Fialen. Die Turmstockwerke durch
Gesimsbänder aus roten Ziegeln abgesetzt, in den beiden oberen
Geschossen jeweils Gruppe von drei schmalen Rundbogenfenstern. Die
ansonsten schmucklose Apsis durch Blendarkade unterhalb des
Dachgesimses gegliedert.
Der Innenraum mit flacher, auf einem umlaufenden hölzernen Gesims
aufliegender Holzbalkendecke, Zwischenfelder durch Kassetten gegliedert;
die Mittelachse durch herabhängende Pinienzapfen betont. Altarraum um
zwei Stufen erhöht; Ziegelfußboden in unterschiedlichen geometrischen
Mustern. Der Innenraum durch die restaurierte Farbfassung und die
schlichten hölzernen Einbauten nach dem Entwurf Schinkels geprägt; vom
Altar nur Podest erhalten. – Das Dachtragwerk als Kombination von
Pfettendach und Hängewerk errichtet.
Die nahezu komplett überlieferte Farbfassung 1992-94 (damals drei
verschiedene Fassungen vorgefunden) restauriert, nur auf der Südseite (wo
die Fassung 1988 entfernt worden war) in einfacheren Formen ergänzt.
Ausmalung in zarten klassizistischen Farbtönen, lediglich die Apsis in
intensiverem Blau. Die Wände dreizonig aufgebaut; im oberen Bereich
gerahmte Rechteckfelder, die Fensterbögen und der zur Apsis vermittelnde
Rundbogen von rahmendem Band mit Schablonenmalerei betont.
Ausstattung
Kanzel. Nach einem 1839 angefertigten Entwurf von Schinkel. Holz, runder
Korb mit fein profilierter Felderteilung auf Säulenfuß.
Taufe. Nach einem 1839 angefertigten Entwurf von Schinkel. Achtseitiger
Holzständer, Taufschale seit 1945 verschollen.
Empore. Bauzeitlich, 1992-94 restauriert und fehlende Teile ergänzt.
Gestühl. Bauzeitlich, 1988 seitlich verkürzt, an den Wangen Reste der
Schablonenmalerei erhalten.
Bronzeglocke. Gebr. Ulrich, Apolda 1878 (Umguss einer älteren Glocke);
zwischenzeitlich in Werder eingelagert, bei letzter Sanierung wieder nach
Petzow gebracht.
(Die ursprüngliche Orgel, erbaut 1842 von Gottlieb Heise, im Zweiten
Weltkrieg zerstört; ein seit 2007 geplanter Orgelneubau konnte bisher nicht
realisiert werden.)
Das unter Einflussnahme des Kronprinzen Friedrich Wilhelm (IV.)
entstandene Spätwerk Schinkels spiegelt in seinen neuromanisch-
italienischen Formen sowohl die Mittelalter- als auch die allgemeine Italien-
Begeisterung der Zeit. Exponiert auf dem Grellberg gelegen, wirkt der
harmonisch proportionierte Bau mit seinem markanten Turm weit in die
Landschaft hinein; er stellt den südwestlichsten Punkt in Lennés
»Verschönerungsplan der Umgebung von Potsdam« (1833) dar. Gleichzeitig
ist die Kirche nordwestlicher Endpunkt der Sichtachse, an deren östlichem
Ende das Herrenhaus steht, und damit prägender Bestandteil des Petzower
Guts- und Dorfensembles.
Quellen: BLDAM, Altakten Werder/Petzow, Nr. 04/12/62 (1940-1978);
Objektakte Nr. 2.00-14/1677. BLHA, Rep. II A, Reg. Potsdam, Nr. 1882.
Literatur: Kania/Möller 1960, S. 211-215; Eckardt 1967 (Erfassungskartei im
BLDAM); Rohrlach 1977 (Ortslexikon), S. 318; Kitschke 1983, S. 82;
Petzower Kirchweih ohne Petzower, in: Generalanzeiger Werder, Nr. 45,
11.11.1994; Kühn-von Kaehne, Pia, Die Dorfkirche in Petzow, in: Potsdam-
Mittelmark im Spiegel von Wirtschaft, Architektur und Handel, Merseburg
1995, S. 19-21; Kühn-von Kaehne, Pia, Faltblatt zur Petzower Kirche, o.J.
(1995); Architekturbüro Kühn-von Kaehne und Lange 1992 (Petzow); Vinken
2000 (Dehio), S. 764; Karg/ Dreger 2005, S. 105.