Denkmaltopographie Potsdam-Mittelmark, Bd. 14.1, 2009, S. 642 f.

Die 1936/37 nach einem Entwurf von Winfried Wendland errichtete Kirche
steht im nördlichen Teil von Wilhelmshorst, auf der westlichen Seite der
Peter-Huchel-Chaussee südlich des Goetheplatzes, auf einem waldartigen,
ursprünglich für das Pfarrhaus vorgesehenen Grundstück mit zahlreichen
alten Kiefern sowie Douglasie und Lebensbaum. Bis 1915 war Wilhelmshorst
in Langerwisch eingekircht, seit 1926 ist es selbständige Kirchengemeinde
und bildet mit Langerwisch zusammen einen Pfarrsprengel.
Der Bau einer Kirche war seit der Gründung der Kolonie vorgesehen. Sie
sollte auf dem zentralen, an der Potsdamer Straße gelegenen Kirchplatz
(1949 in Goetheplatz umbenannt) stehen, auf einem der drei für kirchliche
Bauaufgaben (Kirche, Pfarrhaus, Friedhof) reservierten Grundstücke.
Konkrete Planungen für einen Kirchenbau setzten ein, nachdem
Wilhelmshorst 1926 eigenständige Kirchengemeinde geworden war,
scheiterten zunächst aber an der Finanzierung (der Kirchenbaufonds, in den
die Bau-Erschließungsträger gemäß Ansiedlungsgesetz von 1904 eingezahlt
hatten, war durch die Inflation wertlos geworden). Ein erster Entwurf ist von
um 1931 überliefert: er stammt von einem namentlich nicht bekannten
Architekten und sah einen recht stattlichen Bau mit Krüppelwalmdach und
Dachreiter vor, der Kirchenraum, Gemeindesaal und eine Wohnung
beherbergen sollte. 1936 ging der Auftrag schließlich an den Berliner
Architekten Winfried Wendland, der einen wesentlich bescheideneren Bau,
ebenfalls mit Kirchen- und Gemeinderaum, entwarf. Grund für die Reduktion
der Pläne war – neben finanziellen Problemen – die ablehnende Haltung der
nationalsozialistisch dominierten Gemeindeverwaltung gegenüber einem
Kirchenbau, die auch dafür sorgte, dass die Kirche nicht wir ursprünglich
vorgesehen auf dem Kirchplatz, sondern auf dem für das Pfarrhaus
bestimmten Grundstück errichtet wurde. Mit der Ausführung wurde die
Michendorfer Baufirma Fritz Otto beauftragt, mit den Malerarbeiten der
Wilhelmshorster Kunstmaler Adolph Eckhardt, der 1942 auch drei farbige
Glasfenster stiftete. Die Einweihung fand am 23. März 1937 statt. 1949
wurde die Orgel aufgestellt. Später erhielt die Kirche einen Anbau auf der
Westseite (Heizhaus), der sich im Stil an den vorhandenen Bau anpasst
(möglicherweise von Wendland in den 1950er Jahren entworfen). Anfang der
1990er Jahre wurde die Dachdeckung erneuert; die letzte Sanierung, die vor
allem das Innere Betraf, erfolgte 2002.
Schlichter rechteckiger, giebelständig zur Straße ausgerichteter Saalbau mit
Satteldach, im straßenseitigen östlichen Teil Gemeinde-, im westlichen
Kirchenraum. Auf der südlichen Längsseite offener Glockenturm mit Eingang,
über den sowohl der Kirchenraum als auch der Gemeinderaum zugänglich
sind; die Seitenwände des Turmes leicht geböscht. Auch die Giebelseite mit
geböschten und über die Längsseiten hinausgezogenen Wänden; auf der
Westseite chorartiger Anbau. Im Ostgiebel (Straßenseite) kreisförmiges
Fenster, flankiert von schmiedeeisernen Kreuz- und Ankersymbolen, darüber
schmiedeeisernes Andreaskreuz. Der Kirchenraum durch vier hohe schmale
Fenster in den Längswänden gekennzeichnet, der Gemeinderaum davon
abgesetzt durch betont querformatige Fenster (Nordseite). Die Außenhaut
des gesamten Baues aus weiß geschlämmten Ziegeln.
Innen zum Kirchenraum halb geöffneter, als Hängewerk konstruierter
Dachstuhl, der auf den Kirchenwänden vorgelagerten Holzstützen ruht. Der
auf der Westseite gelegene Altarraum um vier Ziegelstufen erhöht und durch
die seitlich angefügten Nebengelasse (das rechte als Sakristei genutzt, das
linke ursprünglich Heizraum) schmaler als das Schiff bei einheitlicher
Mauerflucht im Außenbau. Auf der Ostseite sehr tiefe Orgelempore mit
Holzbrüstung. Unter der Empore Gemeinderaum, der durch eine versenkbare
Fensterwand mit dem Kirchenraum verbunden werden kann. Der
Raumeindruck durch das dunkel lasierte Holz von Decke und Orgelempore
sowie die Ausstattungsstücke aus roten Klinkern bestimmt.
Drei bleigefasste Glasfenster. Angefertigt und gestiftet 1942 von dem
Wilhelmshorster Glasmaler Adolph Eckhardt (i). An der Südwand Apostel
Petrus, an der Nordwand Apostel Jakobus d.Ä. Das Fenster an der
Nordwand mit Inschrift: »Die Kirche wurde im Jahre 1937 erbaut und am 23.
Mai eingeweiht. A.D. Eckhardt«.
Ausstattung
Kruzifix im Altarraum. Bauzeitlich, vom Berliner Bildhauer August Weiser.
Orgel. 1947, von Alexander Schuke, Potsdam. 6 Register, 1 Manual, Pedal,
mechanische Schleiflade. Aufgestellt 1949.
Westempore. Bauzeitlich, aus dunkel lasiertem Holz.
Bronzeglocke. 1934, Franz Schilling Söhne, Apolda. Eine Glocke war bereits
vor dem Bau der Kirche durch die Kirchengemeinde angeschafft und im
Schulgarten am Heidereuterweg zwischen zwei Kiefernstämmen aufgehängt
worden.
Qualitätvoller Kirchenbau des Architekten und späteren Kirchenbaurats
Winfried Wendland, der heute vor allem durch seine Kirchenrenovierungen
der 1950er/60er Jahre bekannt ist. Sein Werk der 1930er Jahre, das
zahlreiche Kirchen-, Kapellen- und Gemeindehausbauten vor allem in Berlin
und Brandenburg umfasst (z.B. die Friedhofskapelle in Teltow und das
Gemeindehaus in Werder), ist dagegen noch nicht ausreichend erforscht. Mit
der Wilhelmshorster Kirche gelang Wendland ein funktionaler Bau in der
Formensprache der Zeit und – trotz der eingeschränkten Möglichkeiten – mit
individuellem Gesicht. Gleichzeitig spiegelt das Gebäude die beschleunigte
Entwicklung der Villenkolonie in den 1930er Jahren, die den Bau einer
eigenen Kirche erforderlich machte. Die im Vergleich zum ersten Entwurf
bescheidene Ausführung veranschaulicht die Einschränkungen, denen der
Kirchenbau im Nationalsozialismus unterlag.
Quellen: Archiv des Vereins Wilhelmshorster Ortsgeschichte,
Bauzeichnungen (in Kopie). Unveröffentlichtes Manuskript der
Lebenserinnerungen Winfried Wendlands; abgeschrieben von D. Wendland.
Literatur: Wendland, Winfried, Evangelische Kapellen, Kirchen und
Gemeindehäuser, in: Monatshefte für Baukunst und Städtebau 22 (1938), S.
353; Petsch 1999, o. S.; Drachenberg, Thomas, Der Bau der Wilhelmshorster
Kirche 1936/37, in: 100 Jahre Wilhelmshorst 2007, S. 97-99; Gopp-Wichel,
Steffi/ Paetau, Rainer, »Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben«.
Die evangelische Kirchengemeinde in Wilhelmshorst, in: 100 Jahre
Wilhelmshorst 2007, S. 100-113; Ziehr, Antje, Adolph Eckhardt, in ebd., S.
277-288.