Denkmaltopographie Potsdam-Mittelmark, Bd. 14.1, 2009, S. 255 ff.

Die Kirche wurde 1953 abseits des alten Dorfkerns an der Chaussee
zwischen Potsdam und Brandenburg (B 1), nahe der Grenze zur Gemarkung
Götz, erbaut. Auf diese Weise steht sie zentral im ausgedehnten
südöstlichen Siedlungsgebiet. Das Grundstück befindet sich auf der Südseite
der Straße. Der Bau entstand für die auf 1.100 Mitglieder angewachsene
katholische Gemeinde Lehnin, zu der damals Jeserig und Götz gehörten, da
die Lehniner Kapelle zur Heiligen Familie nicht mehr ausreichte und für Viele
zu weit entfernt lag. 1956 wurde Jeserig seelsorgerisch selbstständige
Kuratie im Archipresbyteriat Potsdam, 1965 jedoch wieder mit Lehnin
vereinigt. Seit 1983 wird es von den Geistlichen der Dreifaltigkeitsgemeinde
Brandenburg betreut. Jeserig gehört zum Dekanat Brandenburg im
Erzbistum Berlin.
Erste katholische Gottesdienste fanden 1922 in einem Götzer Wohnhaus
statt. Nach dem Zweiten Weltkrieg wirkte der aus Schlesien vertriebene, in
Lehnin ansässig gewordene P. Alfons Engler, Mitglied der 1895 in Holland
gegründeten Ordensgemeinschaft der »Missionare der hl. Familie«, als
Initiator für einen eigenen Kirchenbau in Jeserig. Das Grundstück dafür
schenkte Schumachermeister Heinrich Sentsbusch. Den Entwurf zum
Kirchenneubau lieferte Diözesanbaurat Felix Hinssen; beteiligt war auch der
Brandenburger Architekt Conrad Puchalla. Die 1952 begonnene Ausführung
übernahm die Baufirma Liere aus Groß Kreutz. Als Baumaterial fanden
Berliner Trümmersteine Verwendung. Am 11.7.1953 konnte die Kirche
geweiht werden. Die letzte umfassende Sanierung erfolgte 2001.
Gesüdeter Saalbau mit schiffsbreitem, wuchtigem Querturm im Norden und
geradem Chorabschluss im Süden. Turm und Schiff mit schiefergedeckten
Satteldächern; die westlich an den Altarraum anschließende, in den
Baukörper integrierte Sakristei (südlich mit einheitlicher Mauerflucht
abschließend) mit abgeschlepptem Pultdach. Die glatt verputzten Fassaden
der Kirche durch Strebepfeiler und schmale, rundbogige Fensteröffnungen
gegliedert (außergewöhnlich die vorkragenden gekehlten Sohlbänke). In der
Turmfassade breites mittleres Rundbogenportal mit glatt verputztem
Gewände und je einem flankierenden kleinen Okulus; im oberen Bereich
zwei Reihen von je vier schmalen mittleren Rundbogenöffnungen. Durch die
mit drei übereinander liegenden Reihen von jeweils vier kleinen
Rundbogenfenstern stark durchlichtete Ostseite der Chorraum vom
Langhaus unterschieden. Gruppierung von vier mittelgroßen
Rundbogenfenstern auf der Westseite des Sakristeianbaues. Die Südfassade
bis auf einen Okulus im Giebel fensterlos.
Das Innere ein schlichter Rechtecksaal mit flacher Decke, schiffsbreitem
Altarbereich und Nordempore, die sich in drei Rundbögen über
entsprechenden Arkaden zum Schiff hin öffnet. Altarbereich um drei Stufen
erhöht und durch zwei kräftig vorspringende Lisenen optisch vom Schiff
abgegrenzt; in der Mitte leicht zurückspringende Wandfläche, in der ein
großes Kruzifix angebracht ist. Der betont schlichte Raumeindruck durch die
weitgehend bauzeitlich erhaltenen Materialien und Ausstattungsstücke
bestimmt: Decke mit Holzlatten, in den Zwischenräumen das
Isolationsmaterial (Sauerkohlplatten) sichtbar belassen, Fußbodenbelag aus
Terrazzoplatten, Fenster mit Bleiverglasung. Einfaches Holzgestühl und
schlichter Altar aus poliertem Stein; quadratische Deckenlampen.
Ausstattung
Zu der, sofern nicht anders vermerkt, aus der Bauzeit stammenden
Ausstattung gehören auch der dreieckige hölzerne Taufständer, ein
hölzernes Lesepult und fünf schmiedeeiserne Kerzenleuchter.
Altar. Schlichter Unterbau mit überkragender Mensa, polierter Stein. Gemäß
der Liturgiereform 1978 freistehend neu aufgestellt.
Orgel. Das kleine Instrument 1996 aus Berlin-Biesdorf übernommen.
Kruzifix. Holz; Corpus aus dem St.-Josephs-Krankenhaus in Potsdam. Hinter
dem Altar; füllt die Nische der Chorwand aus.
Maria. Holzskulptur; mit segnend erhobenen Armen. Auf Konsole an der
Chorwand.
Hl. Joseph mit Jesusknaben. 1950. Holzskulptur. Auf Konsole an der
Chorwand.
Kreuzweg. 1959 von Gottfried Helmes. Gemalte Tafeln an den
Schiffswänden.
Einer der wenigen Kirchenneubauten des 20. Jh. in der Region. Während
den evangelischen Gemeinden ein flächendeckendes Netz von Dorfkirchen
zur Verfügung stand, benötigten die vor allem durch Flüchtlinge und
Zuwanderer stark angewachsenen katholischen Gemeinden neue
Gotteshäuser. Während dazu meist frühere Wirtschaftsgebäude umgestaltet
wurden (Lehnin, Michendorf) entstand in Jeserig ein großer und
anspruchsvoller Neubau. Er ist ein Werk von Felix Hinssen, einem nach dem
Zweiten Weltkrieg für den katholischen Kirchenbau in Berlin wichtigen
Architekten. Typisch für ihn sind die außergewöhnlich schmalen,
rundbogigen Fensteröffnungen. Auch für die Jeseriger Kirche ist das
konsequent durchgehaltene Motiv des Rundbogens prägend. Bei aller
Schlichtheit entstand ein eindrucksvoller Bau, der märkische Traditionen
(mächtiger Querturm) geschickt mit einer modernen Formensprache
verbindet. Mit dem Innenraum blieb eine stimmige und komplett erhaltene
Schöpfung des Sakralbaues der 1950er Jahre erhalten.
Literatur: Brühe 1999, S. 22.