Denkmaltopographie Potsdam-Mittelmark, Bd. 14.1, 2009, S. 127 ff.

Die Kirche, ein roter Ziegelbau der zweiten Hälfte des 19. Jh., steht in
dominierender Lage am westlichen Rand des Dorfes auf einer Anhöhe, die
etwa bis 1900 als Kirchhof genutzt wurde. Bis auf eine schmiedeeiserne
Grabeinfriedung und inzwischen stark ausgebreitete Flieder- und
Mahoniensträucher sind keine sichtbaren Grabreste mehr erhalten; am Fuß
des Kirchhofs steht ein Obelisk aus Naturstein mit flankierender Linde und
Roteiche als Denkmal für die Gefallenen des Ersten Weltkrieges. 1890
wurde ein neuer Friedhof südlich des Dorfes auf einem Hügelplateau
errichtet. Bis 1970 war Emstal, das offensichtlich nicht mit Pfarrhufen
ausgestattet war, Tochterkirche von Rädel. Das Patronatsrecht hatte bis
1542 das Kloster Lehnin, danach der Landesherr. Heute wird Emstal von
Lehnin betreut.
Der heutige Bau ging aus einem vollständigen, in mehreren Etappen
zwischen 1875 und 1891 vollzogenen Umbau des Vorgängerbaues aus
Fachwerk hervor (a), von dem sich lediglich Dachstuhl und Sockel erhalten
haben.
Ein erster Kirchenbau an dieser Stelle brannte 1709 nieder, an seiner Stelle
errichtete man 1711 eine Fachwerkkirche mit polygonalem Chorabschluss
und Turm über dem Westgiebel. 1875 wurden die mittlerweile schadhaft
gewordenen Fachwerkwände durch Mauern aus gelblich-braunen Ziegeln
mit Rundbogenfenstern ersetzt. 1885-87 fanden Planungen für umfassende
Umbau- und Erweiterungsmaßnahmen statt, da aufgrund zunehmender
Gemeindemitgliederzahlen (die Einwohnerzahl von Emstal hatte sich
zwischen 1817 und 1870 mehr als verdoppelt) die Kirche zu klein geworden
war. Die Planungen gehen auf den Brandenburger Baurat Köhler zurück,
umgesetzt wurden sie 1889-91. Das Schiff wurde nach Westen verlängert
(im gleichen Ziegelmaterial wie die Seitenwände von 1875), außerdem
erhielt der Bau einen Westturm und einen östlichen Choranbau (beide mit
roten Rathenower Ziegeln verblendet). Offensichtlich erfolgte in diesem
Zusammenhang auch der Einbau der Orgel – allerdings wohl ohne die in den
Akten erwähnte Höherführung des Kirchenschiffes; der Dachstuhl des alten
Baues blieb erhalten. Nach Kriegsschäden stellte man 1950 den Turm
wieder her und deckte das Dach neu ein. Die Ausstattung des 19. Jh. wurde
bei einer Renovierung des Inneren durch das Kirchliche Bauamt 1965
entfernt, die Kirche erhielt eine Neuausstattung; unter der Westempore
wurde eine Winterkirche eingebaut. 1992-95 fanden
Instandsetzungsarbeiten statt.
Schlichter Backsteinbau mit vorgesetztem quadratischen Westturm und
eingezogenem Recheckchor; das langgestreckte Schiff und der Chor beide
mit Satteldach und überhöhten, durch First- und Eckaufsätze betonten
Giebelwänden, der Turm mit hoch aufragendem, spitzem Helm.
Schiffswände aus gelblich-braunen Ziegeln, Turm und Chor durch rote
Ziegel (mit Rathenower Stempel) abgehoben. Die Schiffswände durch vier
hohe, glatt eingeschnittene Rundbogenfenster gegliedert (auf der Südseite
die drei östlichen später unten verkürzt); Dachgesims in
zahnschnittähnlichem Ziegelverband. Die westliche Schiffserweiterung nur
am Materialunterschied im Sockel erkennbar (im alten Teil aus verputzten
Feldsteinen, im neuen aus roten Ziegeln), eine Baunaht ist kaum sichtbar.
An der Südwand ehemaliger Vorbau mit Portal im Bereich des östlichen
Fensters durch Unregelmäßigkeiten im Mauerwerk nachvollziehbar. Reicher
als das Schiff ist der Turm gegliedert: im unteren Teil ins Mauerwerk
eingelassenes (nicht umlaufendes) Deutsches Band, auf Firsthöhe
Gesimsband aus Formsteinen, über dem das durch paarig angeordnete,
rundbogige Schallöffnungen mit abgetrepptem Gewände gegliederte
Obergeschoss leicht zurück springt. Portal auf der Südseite des Turmes. An
der östlichen Chorwand drei zugesetzte Rundbogenfenster.
Innen Saal mit flacher Putzdecke und Ziegelfußboden; der Altarraum um
eine Stufe erhöht. Chorbereich durch flache Bogenöffnung mit Inschrift vom
Saal abgegrenzt. Von der Ausstattung des 19. Jh. lediglich Westempore,
Orgelprospekt und das schlichte Gestühl erhalten; prägend für die
Kirchenraum die Neuausstattung von 1965. Unter der Empore Winterkirche,
von dort aus Aufgang zur Empore.
Das Dachwerk mit liegendem Stuhl und Hängewerk im wesentlichen wohl
noch aus dem Bau von 1711.
Ausstattung
Kanzel, Altar und Taufstein einheitlich aus roten Ziegeln, 1965.
Orgel. 1891, von Friedrich Wilhelm Lobbes. 6 Register, 1 Manual, Pedal,
mechanische Schleiflade. Dreiteiliger Prospekt in reduzierten
neoromanischen Formen.
Westempore. Wohl im Zuge der Kirchenerweiterung 1889-91; von
Holzstützen mit abgefasten Kanten getragen, die schlichte Brüstung durch
Orgelprospekt unterbrochen.
Zwei Glocken. Gegossen 1926 in Bochum.
Errichtet in mehreren Etappen und unter Einbeziehung des Vorgängerbaues,
ist die Emstaler Kirche ein typisches Zeugnis des durch äußerste
Sparsamkeit gekennzeichneten ländlichen Kirchenbaus des 19. Jh. Das
1875 entstandene Schiff mit seinen glatt eingeschnittenen
Rundbogenfenstern ist noch der nachschinkelschen Zeit verpflichtet. Die
Erweiterung (Turm und Chor) illustriert anschaulich den Wandel der
Architekturauffassung während der zweiten Hälfte des 19. Jh. hin zu einem
aufwendigeren Historismus. Dabei erscheinen die unterschiedlichen
Stilhaltungen nicht als Bruch, sondern als Gestaltungsmittel, das die
besondere Bedeutung von Turm und Chor unterstreicht. Durch ihre
dominierende Lage und den hoch aufragenden Turm mit seinem spitzen
Helm bildet die Kirche zudem eine weithin sichtbare Landmarke.
Quellen: DStA, Depositum Ephoralarchiv Brandenburg Neustadt, BEN 419/4
(Erweiterungsbau, 1885-1925, Abb.); L-E 514/412 (Glocken, 1926); BEN
420/P 141-144 A2 (Pläne, 1885-1916); BEN 421/B 131 A3 (Fotos, 1916).
BLDAM, Altakten IfD I 506 (1952-64).
Literatur: Rohrlach 1977 (Ortslexikon), S. 106; Lohmann 1993
(Orgelerfassung).